Der erste Pokal

Bolzwies-Echo 1/93,   20.3.1993,   Artikel 1 von 3   weiter    Inhalt

Bericht über das Hallenturnier der Stammtischkicker vom 13.3.93 in der Kyllberghalle. Von Andreas Kläser.

Die Jagd auf unsere Trikots dauerte schon ewig. Irgendwann im Oktober hatten wir uns entschlossen, uns für unseren FC Bolzwies neue Trikots zuzulegen. Nach diversen Abstimmungen fiel dann die Wahl auf ein Puma-Trikot in den Farben Grün-Weiß-Schwarz, mit schwarzen Hosen und grün-schwarzen Stutzen. Die Trikots bestellten wir uns beim Hengo, die Stutzen bei Sport-line und die Hosen wurden in Saarbrücken gekauft. Am 1.3. waren die Hosen da, am 8.3. 10 von 11 Stutzen, am 12.3. das fehlende Paar, aber am 13.3., dem Tag des Turniers fehlten die Trikots. Laut Frau Schwindling sollten sie noch irgendwann an diesem Tag kommen, aber die Zeit verrann, ohne daß was geschah. So traten wir dann mit den alten weiß-blauen Trikots, kombiniert mit schwarzen Hosen und grün-schwarzen Stutzen zum ersten Hallenturnier des Jahres an.

Ich war ziemlich nervös, weil wir bis dato nämlich noch nie die Gruppenspiele überstanden hatten, und weil unser Libero Hödde mit Fieber im Bett lag und demzufolge ausfiel. Vor mir im Tor spielten also Jens, Tucker, Lemmi, Paulus, Thielee und Ihlee.

Wir hatten das zweite Spiel in unserer Gruppe, das erste gewann der FC Liverpool mit 3:1 gegen die Mannschaft Altmeyer. Diese beiden schienen mir sehr stark zu sein, doch ich versuchte das zu verdrängen, denn jetzt galt es, sich auf den ersten Gegner, den FC Beinhart zu konzentrieren. Als das Spiel begann, war ich immer noch ziemlich nervös, doch als ich dann nach 2 Minuten in höchster Not retten konnte, war ich O.K. Meine Feldspieler spielten gut, diszipliniert und einsatzfreudig, und deshalb waren wir wohl optisch überlegen. Chancen sprangen zunächst kaum welche raus, bis dann der Ball Jens vor die Füße rollte, dieser aus 15 Metern abzog und den Torwart nach rechts schickte. Der Rücken eines Gegenspielers lenkte den Ball dann aber ins linke Eck, und das war das 1:0 für uns. In der Folgezeit spielten wir weiter forechecking, und das brachte die - zugegeben schwachen - Gegner nicht so recht ins Spiel. Lediglich Ihlee erwischte einmal den eigenen Libero und Torwart (Thielee und ich) auf dem falschen Fuß, und der Ball trudelte gegen den Außenpfosten. Kurz darauf überwand dann Paulus den gegnerischen Torwart mit einem Beinschuß, der Ball ging gegen den Innenpfosten und wurde dann auf oder hinter der Linie von einem Gegenspieler weggestolpert. Der Schiedsrichter entschied auf Nicht-Tor, worauf Paulus sich zu beschweren anfing, obwohl er ansonsten erneut an den Ball gekommen wäre und dann die Chance zum 2:0 gehabt hätte. Allerdings war dieser Fehler ohne Folgen, denn das Spiel endete 1:0 für uns.

Eine realistische Prognose ergab 4:4 Punkte für uns nach den Vorrundenspielen, nämlich zwei weitere gegen die unmotivierten Fuhrparker und keine gegen die starken FC Liverpool und Mannschaft Altmeyer. Doch erstens kommt es anders und zweitens als man denkt.

Alles begann damit, daß Tucker sein Briefe Austragen unterbrochen hatte, um zum Spiel zu kommen. Nach unserem ersten Vorrundenspiel fiel ihm dann ein, daß er noch einen Schlüssel bei der Post abgeben mußte. Also fuhr er nach Holz, und ich ließ ihn, denn er hatte ja 50 Minuten Zeit. Doch je näher der Anpfiff rückte, umso nervöser wurden wir, denn Tucker war nicht da. Das Spiel begann also ohne Tucker, und für ihn sprang Scherrer ein. Dieser war zwar nicht schlecht, aber irgendwie lief bei uns in diesem Spiel gegen Fuhrpark Völklingen nicht viel zusammen. Zwar konnte Paulus das 1:0 für uns markieren, aber kurz darauf fiel nach einem aus meiner Sicht unverständlichen Freistoß der Ausgleich. Als dann Jens von meinem Abstoß etwas überrascht war und den folgenden Zweikampf verlor, als ich aus meinem Tor dem Völklinger entgegenstürzte, mit ihm und Jens zusammenrasselte, als der Gegner dann aufstand und am zurückgeeilten Ihlee vorbei ins Tor schoß, war der Frust groß. Das Spiel endete dann auch 1:2, obwohl wir gerade nach dem 1:1 Riesenchancen zum Sieg hatten, aber diese nicht verwerten konnten. Pünktlich zum Schlußpfiff war auch Tucker wieder da, und er handelte sich einen verdienten aber wohl etwas überzogenen Anschiß von mir ein.

Zum Dritten Spiel hatten wir uns aber ausgesprochen und konnten uns wieder als geschlossene Einheit präsentieren. Das war jetzt besonders wichtig, denn es ging gegen den FC Liverpool, der mit 4:0 Punkten in das Turnier gestartet war. Und der Favoritenrolle wurden sie zunächst gerecht. Zweimal ging der Kelch noch an uns vorüber, aber im dritten Versuch, nach einer verwirrenden Direktkombination führten sie 1:0. Als dann kurz darauf wieder eine Überzahlsituation ausgenutzt wurde, und wir mit 2:0 hintenlagen, wollte ich schon heimgehen. Ich überlegte mir schon passende Bosheiten für Hödde's Eltern, die extra zu diesem Spiel angereist waren, um ihrem kranken Filius über unser Abschneiden zu berichten, die uns aber kein Glück zu bringen schienen. Mehr aus Langeweile hielt ich dann den nächsten Ball und rollte ihn zu Jens, der gab zu Paulus, und nachdem der Ball dem nun folgenden Gemetzel entronnen war, versenkte ihn Ihlee im langen Eck zum Anschlußtreffer. Das weckte neue Kräfte in uns, und der Kampfgeist wurde belohnt: Jens gelang kurz vor Schluß mit einem herrlichen Seitfallzieher der Ausgleich. Damit hatten wir 3:3 Punkte, und wir mußten im letzten Spiel unbedingt gewinnen, um weiterzkommen. Doch so recht glaubte ich immer noch nicht dran, denn die Mannschaft Altmeyer hatte trotz ihres ungewöhnlichen Namens einen guten Eindruck hinterlassen. Und: Lemmi war nicht mehr dabei, denn er hatte ein Handballspiel.

Doch auch hier zeigte sich, daß wir mithalten konnten. Gewohnt defensiv gingen wir an die Sache heran, aber wir hatten Glück. Wieder einmal wühlte sich Paulus vorne durch und schoß die so wichtige Führung. Zwar wurde diese kurz darauf egalisiert, als Thielee bei einer Rettungsaktion einen Gegner anschoß und der Ball an einem nicht reagierenden Torwart vorbei ins Netz bollerte, aber wir hielten dagegen. Und schließlich war es wieder Paulus, der für die Entscheidung sorgte. 2:1 gewonnen, 5:3 Punkte, aber wir waren noch nicht qualifiziert. Dazu mußte zuerst der FC Liverpool gegen den Fuhrpark Völklingen gewinnen, gegen den wir verloren hatten. Bei einem Unentschieden wären diese beiden weiter und wir ausgeschieden gewesen, und als das Spiel ziemlich unmotiviert begann, schwante mir Übles. Doch dann führte Liverpool 2:0 (ich war erleichtert), um direkt im Gegenzug das 2:1 zu kassieren (besorgt). 3 Minuten später das 3:1 (Erleichterung), und im Gegenzug wieder das 3:2 (Besorgnis). Noch 4 Minuten zu spielen (Zittern), dann der Schlußpfiff (Erlösung). Der FC Bolzwies hatte zum ersten Mal in seiner Vereinsgeschichte eine Vorrunde eines Turniers überstanden, und das nicht einmal unverdient.

Das Spiel um den dritten Platz konnte dann nur noch dem ganzen die Krone aufsetzen; zu verlieren hatten wir nichts mehr. Dementsprechend begannen wir das Match, das diesmal nicht über 10, sondern über 15 Minuten ging. Nach 4 Minuten der genialste Angriff der Hallenfußballgeschichte: Abstoß Arno auf Ihlee, Ihlee auf Tucker, Tucker auf Jens, Jens auf Paulus, Paulus ins Tor und die Gegner mit Schleudertrauma ins Krankenhaus. Doch kurz darauf war wieder einmal Unterzahl vor dem eigenen Tor angesagt, 1:1. Das wäre ja nicht so schlimm gewesen, wenn ich nicht kurz darauf aus spitzem Winkel einen Ball durch die Beine bekommen hätte. Ein übler Fehler, den ich aber im Folgenden zum Teil wieder gut machen konnte. Zum Glück ersparte mir Paulus eine schlaflose Nacht mit seinem 2:2 - Ausgleichstreffer.

Mit diesem Ergebnis endete das Spiel und auch die 5-Minütige Verlängerung. Ein Siebenmeterschießen mußte also die Entscheidung bringen. Der erste Strafstoß des FC Leuchtturm saß, unseren ersten schoß ich. Ich entschied mich, den Ball flach in die Ecke zu schieben, aber er ging hoch und wurde gehalten. Ich überlegte mir schon einen passenden Fluch, aber der Schiedsrichter meinte, ich sollte es ruhig noch einmal versuchen, denn der Torwart habe sich zu früh bewegt. Da dachte ich an Knut Reinhardt, Markus Kranz und alle Anti-Fußballer, die mir einfielen und bolzte den Ball mit der Pike aufs Tor. Und: Er ging rein. Danach konnte ich einen Schuß halten, Jens schoß das 2:1, dann das 2:2, und dann verschoß Paulus. Der 4. Siebenmeter des Leuchtturm ging an den Pfosten und Ihlee verwandelte. Mit dem 5. Schuß konnte der Leuchtturm ausgleichen, und Tucker hatte die Entscheidung auf dem Fuß. Er lief an und verwandelte eiskalt, doch mitten in unserem Jubel meinte ein Gegner, der Schiedsrichter hätte doch erst gepfiffen, als der Ball schon geschossen war. "Nein, nein, ich habe da abgepfiffen" war seine Reaktion, und Tucker mußte nochmal schießen. Irgendwie verständlich, daß sein folgender Schuß genau in den Winkel gepaßt hätte, wenn wir auf ein richtiges Tor gespielt hätten. In der Halle war der Ball allerdings 2 Meter vorbei. Nun ging es also abwechselnd bis zur Entscheidung. Die nächsten 4 Schützen (unter anderem ich mit der Pike und Jens) zeigten keine Nerven, aber der Torwart des Leuchtturm traf den Pfosten. Nun lag die Verantwortung auf Paulus, und der ließ sich nicht lange bitten, traf und verursachte einen erdbebenähnlichen Jubel in der Kyllberghalle. Wir waren tatsächlich Dritter.

Nach der Siegerehrung wurde dieser Erfolg im Hause unseres kranken Libero gebührend gefeiert. Die Gastfreundschaft der Heidenreichs wurde dabei zwar gnadenlos ausgenutzt von Michael Scherer, der sich zum Abschied noch einmal die Taschen mit Keksen und Stixis vollstopfte, aber wir benahmen uns doch relativ zivilisiert. Die Feier fand dann abends im Karlsbergfaß ihre Fortsetzung.

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