Hossa

Bolzwies-Echo 4/96,   20.11.1996,   Artikel 1 von 8   weiter    Inhalt

Bericht von der Fahrt der Betriebssportgemeinschaft (BSG) der Commerzbank Saarbrücken nach Nürnberg am 28./29.9.1996. Von Andreas Kläser

Anstrengende Zeiten für einige Spieler des FC Bolzwies: Der Terminkalender ist proppenvoll zur Zeit. Freitags die Geburtstagsfeier bei Ihléé, samstags und sonntags die CCB-Fahrt nach Nürnberg, montags ein Spiel gegen Janssen's Eck und die Woche danach Oktoberfest und wieder ein Spiel.Über Langeweile dürfen sich höchstens die Daheimgebliebenen beschweren.Aber die Fahrt nach Nürnberg mit der BSG der C(C)B war nun mal an diesem Wochenende, und die Einstellung "Wären wir doch nur schon wieder zu Hause" konnte ich zum Glück dann bald wieder vertreiben und durch die"Schaun mer mal"-Einstellung ersetzen.

Zu einer relativ zivilen Zeit (6 Uhr) klingelte mein Wecker, nach Morgentoilette und kleiner Leute-Aufsammelfahrt waren wir um 7:58 Uhr in Saarbrücken-Faktoreistraße angelangt. Erstaunlicherweise waren wir die letzten, ein von vorigen Fahrten völlig unbekanntes Gefühl.Und so ging es dann mit einer nur vierminütigen Verspätung, sprich: um 8:04 Uhr los nach Franken.

Um 8:06 Uhr machte es dann zum ersten Male "Zisch", und das gleich vierfach.Die Bolzwies-Crew - bestehend aus Arno, Heiner, Balou und Schdolle ging zur Tagesordnung über, auf der stand: Punkt 1: Mixery trinken (Wen's interessiert:Die Punkte 2 bis 48 lauteten ebenso).Da wir die Dosen ausnahmsweise nicht auf Ex leertranken, benutzten wir zum vorübergehenden Abstellen der Behältnisse die am Vordersitz angebrachten Dosenhalter, die doch eigentlich recht stabil aussahen.Aber das wollte zunächst mal getestet werden, und dazu mußte Trainersohn Andreas "Mighty" Welsch kommen und nach einem Kartenspiel fragen. Das befand sich nur leider unter vielen anderen Dingen am Boden meiner Tasche auf dem Sitz jenseits des Ganges (nein, wir fuhren nicht nach Indien). Auf meine Worte "Heiner, reich mir mal bitte meine Tasche" tat dieser wie ihm gehießen, und als ich sie entgegennehmen wollte, verfing sie sich leider an Heiner's Mixery-Dosenhalter, welcher den Zerreißtest nicht bestand, so daß die Dose auf wunderlichen Pfaden einen Weg auf den Boden des Busses fand und damit schneller leer als uns allen - besonders Heiner und mir - lieb war

Der Applaus der Mitfahrer war uns (und vor allem mir) damit gewiß. So weh es tut, aber vielleicht hatte Balou sogar recht, als er - während ich auf Knien kniete und mit Tempos den Boden putzte - kommentierte: "Typisch! Einser-Abitur, awwer zu dumm, e Bierdos'.zebediene

"Die weitere Hinfahrt verbrachten wir dann, indem wir noch etwas schliefen, Walkman hörten, schwätzten, Wortspiele veranstalteten, Internatsschülerinnen-Busse beobachteten und vor allem: Mixery-Dosen dem Erdboden gleichmachten. Auf unserer Rast weihte uns Französisch-Student Heiner noch ein wenig in die Geheimnisse der französischen Sprache ein. Es ging da - glaube ich - um die Feuerwehr und um das Löschen von Rasurbrand oder so ähnlich.Wir suchten dann noch Dosen für Heiner's Sammlung und kauften uns noch Proviant, neuester Renner: Bifi Roll, laut Aussage der drei anderen im Verbund mit Mixery ein Gaumenschmaus

Die Stadtgrenzen von Nürnberg überquerten wir gegen 13 Uhr und steuerten unser Hotel an, das im südlichen Teil der Altstadt lag (vorausgesetzt, Klaus hatte den Stadtplan richtigrum kopiert). Nach dem Check-In und dem Beziehen unserer Zimmer (wo Heiner natürlich sofort die Sky-One-Nachrichten anmachte, um englischen Fußball zu gucken), erkundeten wir dann die nähere Umgebung. Wir kamen an einem Markt vorbei, einer U-Bahn-Station, einer Kirche, einem Auktionshaus, dem (geschlossenen) Kaufhaus "Sport Scheck" und gelangten dann zur Stadtmauer. Da gab es eine Straße, die war ziemlich lang, und die Menschen dort waren alle sehr freundlich. Sie standen an den Fenstern und lächelten jeden an, der vorbeikam. Manchmal ging ein Passant sogar hin und plauderte ein wenig mit den Einwohnern, und manchmal kam es auch vor, daß ein Passant zu einer Tasse Kaffee (die er komischerweise schon vorher bezahlen mußte) eingeladen wurde und in einem der Häuser verschwand. So eine heiße Tasse Kaffee ist in dieser kalten Jahreszeit bestimmt nichts Schlechtes, dachte ich bei mir, denn ich fror ein wenig, und überhaupt - in diesen Häusern muß es ziemlich warm gewesen sein, denn die Menschen darin - wenn ich es mir genau überlege, waren es sogar ausschließlich Frauen - liefen dort ausschließlich in Unterwäsche herum

Wir spazierten noch ein Weilchen diese Straße entlang, ehe doch der Hunger siegte und wir uns auf die Suche nach einem Mc Donalds machten.Das heißt: Die anderen drei gingen was essen und dann aufs Zimmer Fußball hören, während ich mit den Bänkern und den zwei Nürnberger Führern mich auf eine Stadtrundfahrt begab. Die führte zum Dutzenddeich, dem dortigen von Hitler erbauten Reichskongreß, dem Noris-Ring, wo auch so eine Nazi-Tribüne stand, am Frankenstadion vorbei zu einemPark, von dem ich aber nicht viel mitbekam, weil zu diesem Zeitpunkt gerade die Endphase der Bundesliga-Spiele anstand.Zufrieden mit meinen Tips begab ich mich wieder zurück ins Hotel zu den anderen, gerade rechtzeitig um im Fernsehen noch "ran" zu gucken

Nach einer kurzen Dusche ging es dann quer durch die Altstadt Richtung Gaststätte "Raubritter", wo wir die anderen Banker treffen sollten. Leider trafen wir aufgrund diverser Verzögerungen, die unter anderem durch unsere Ortsunkundigkeit bedingt waren, mit einer 25-minütigen Verspätung ein, so daß an dem Tisch kein Platz mehr war und wir an der Theke Platz nehmen mußten. Das war zwar etwas unbequem aber durchaus interessant, denn schließlich konnten wir so den beiden Köchen auf die Finger gucken, die unmittelbar vor uns gar köstliche Speisen zubereiteten: Das Lokal hatte nämlich keine eigene Küche, die gesamte Anrichte, Herdplatte, Ofen usw. befanden sich direkt hinter der Theke. Insgesamt eine gemütliche Atmosphäre, wenn auch etwas voll, und wer's mag, der hätte sich auch in den Nebenraum begeben können, wo eine Festgemeinschaft alte Volksweisen in musikalischer Form darbot

Nach unserer Speisung machten wir uns wieder auf Achse und auf Kneipentour, deren vorrangiges Ziel es war, Bierdeckel für Schdolle's Sammlung zu ergattern. Daß wir dabei auch jedesmal etwas trinken mußten, nahmen wir als notwendiges Übel hin.Irgendwann wurde uns dann Bier zu langweilig, und wir beschlossen, doch mal etwas anderes zu probieren. Es kam uns gerade recht, daß auf der Karte eines Lokales dann auch mal etwas andere Getränke standen, von denen sogar die Bedienung (ein Tscheche vermutlich) noch nichts gehört hatte. Dessen Gesichtsausdruck und Ratlosigkeit läßt sich hier natürlich nicht wiedergeben, aber er war wirklich sehr verdutzt, als Heiner einen Dracula bestellte: "Häh? Dracula??? Eh, Arko! Was isse ... eine ... Dracula?". Nachdem dieser Arko das Problem nach einer halben Stunde gelöst hatte, bestellte ich dann noch einen Sechsämtertropfen, worauf die Bedienung die Gläser fallen ließ, entsetzt aufsprang, schreiend das Lokal verließ und sich kopfüber in die Fluten der Noris stürzte. Naja - wäre ich Pinocchio, mein längstes Körperteil befände sich jetzt 70 cm höher, denn ganz so war es natürlich nicht: Auch dieses Problem wurde gelöst, und auf gings zur nächsten Station

Am Ende unserer Tour schauten wir dann noch kurz ins WOS rein, was glaub' ich "World of Sieben" heißt (bestimmt wegen dem Kinofilm Sieben, denn es gab da viele Videokassetten, gegen eine geringe Gebühr hätte man sie sich sogar vor dem Kauf mal ansehen können, die haben da extra Kabinen für). Ob jetzt der Laden aber eine Videothek war (wegen der Filme), ein Lederwarengeschäft (wegen der Kleider), ein Kino (wegen der Film-Kabinen), ein Geschäft für Reitsportzubehör (wegen der Peitschen), für Polizisten (wegen der Handschellen), für Kinder (wegen der (oft lebensgroßen) Barbie-Puppen und der bunten (nicht immer runden, aber meist 18 cm langen) Luftballons, die manchmal sogar nach irgendwas schmeckten) oder ein Scherzartikelladen (wegen der zitternden Bananen), wird mir ebensosehr ein ewiges Rätsel bleiben wie die Frage "Warum waren da 100 Millionen Leute drin, von denen jeder den Kragen hochgeklappt hatte"?

Nun, auch der schönste Tag geht einmal zu Ende, und so gelangten wir dann gegen 1 Uhr ins Hotel, sahen noch ein bißchen fern und genehmigten uns dann eine Mütze Schlaf, d.h. wollten dieses tun: Alle heißt nämlich: Alle außer Heiner, denn der fand keine Ruhe, bis sie letztendlich auf Sky One das "Great goal of Kanchelskis" brachten, was zwar zugegebenermaßen nett anzusehen war, das ich aber ehrlich gesagt nicht so toll fand, daß es Heiner's Reaktion (20-minütiger Feixtanz, Kanchelskis-Gesänge bis zur Heiserkeit und Anrufe in jedem einzelnen Hotelzimmer, ob auch wirklich jeder das Tor gesehen hatte), gerechtfertigt hätte.Naja, er beruhigte sich dann wieder, ließ sich überreden, vom Hoteldach runterzusteigen und Kanchelskis-Lieder zu singen, und auch die Polizei konnte kurz darauf wieder fahren. (Und da war sie wieder, meine lange Nase..)

Am Morgen gab's dann feines Frühstück, und schon ging's wieder auf die Heimfahrt. Das heißt: Es ging nicht direkt dorthin, wir machten Zwischenstation in Rothenburg ob der Tauber, ein schmuckes Städtchen mit vielen sehenswürdigen Sehenswürdigkeiten, vielen Souvenirläden mit allerlei Tand, einer Stadtmauer, einem Flohmarkt und einem Geschäft, in dem es Schneeballen zu kaufen gab. Diese Schneeballen scheinen eine Rothenburg-ob-der-Taubersche Spezialität zu sein, und deshalb - und nur deshalb - sahen wir uns ca. 20 Minuten lang das Schaufenster an, ehe wir uns entschieden hatten, welche 2 Schneeballen aus dem mannigfaltigen Angebot wohl die leckersten waren. Wir verbrachten die 4 Stunden also mit Schaufenster gucken, über den Flohmarkt bummeln, Stadtmauerspaziergang, essen gehen, über Schdolle's Wortschatz philosophieren und natürlich Mixery drinken.Gegen 4 Uhr setzten wir uns dann wir uns dann wieder in den Bus, und die letzte Etappe begann

Da das Mixery langsam zur Neige ging, machten wir uns diesmal daran, die für Heiner's Sammlung bestimmten Dosen zu leeren. Es handelte sich dabei weniger um Alkohol als mehr um diverse Energy-Drinks, die laut Aufdruck nicht in zu hohen Mengen und nicht überall genossen werden sollten. Mir schmeckt dieses Zeug jedenfalls nicht, und Mittel, deren Verzehr beim Verzehrenden ein wildes "Hossa" hervorrufen oder erwachsene Männer dazu bringt, auf Spielplätzen herumzuwippen, können so gesund auch nicht sein. Naja, zum Glück waren es nicht allzuviele Dosen.Als Fazit kann man sagen: Die Fahrt war nicht verkehrt,stellenweise sogar höchst amüsant, hier und da sicherlich nicht kulturell hochwertig, obwohl: Trinkkultur ist ja auch eine Kultur.

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