Gemetzel um 5 Liter Bier

Bolzwies-Echo 4/93,   24.8.1993,   Artikel 3 von 8   zurück    weiter    Inhalt

Bericht über das Kleinfeldturnier beim TuS Jägersfreude am 11.7.93. Von Andreas Kläser.

Das Turnier begann wie schon so viele zuvor: Mit Personalproblemen und chaotisch, obwohl ich diesmal zugeben muß: Es war schon schlimmer. Nach dem Wechselproblem beim letzten Hallenturnier hatte ich mir vorgenommen: Genau acht Spieler, keiner mehr und keiner weniger fährt mit. Die Stammelf stand mit Arno, Hödde, Lemmi, Tucker, Paulus, Jens und Ihlee, die Frage war: Wer fährt als Auswechselspieler mit, Andi Kirsch oder Michel "Scherrer"? Die Abstimmung auf der Bolzwies fiel zugunsten Kirschs aus, der sich aber am Tag vor dem Turnier verletzte, sodaß ich noch kurzfristig Scherrer von der DJK abwerben mußte, wo die B-Jugend ein Zeltlager veranstaltete.

Ebenfalls am Vorabend des Turniers eröffnete mir Ihlee dann: "Da Holger fahrt morje mit. Ich hann em gesaat, er wird.wahrscheinlich nitt spille, er soll awwer mol sein Sache mitholle." Daß eine Mannschaft von einem Spieler aufgestellt wird, ist ja noch zu akzeptieren, wenn es eh keinen Trainer gibt. Daß dies einer macht, der dafür gar nicht verantwortlich ist, okay, von mir aus, Ihlee! Nur sollte mir dann aber keiner Vetternwirtschaft vorwerfen, wenn ich einen Balou Thiel nominiere, der in diesem Jahr schon 28 Bolzwies-Spiele mehr mitgemacht hat (ich hab.s doch gehört, Lemmi!).

Nachdem ich mich davon überzeugt hatte, daß Paulus seine Fußballschuhe auch eingepackt hatte, fuhren wir mit 5 Autos, 9 Spielern und 3 Fans gegen zehn Uhr los (Pünktlichkeitsrekord!).

Jägersfreude fanden wir dann leicht, den richtigen Sportplatz weniger. Da die Beschilderung nicht sonderlich überzeugend war, kamen vier der fünf Autos erst nach mehr oder weniger langen Umwegen an, nur einer fehlte. Eigentlich wollte ich ja ein Preisrätsel daraus machen, wobei die Frage gewesen wäre: Wer war es? Aber erstens habe ich kein Geld für irgendwelche Preise und zweitens wäre die Antwort wohl auch zu schwer zu erraten gewesen. Deshalb hier die Auflösung: Es war Tucker. Jedenfalls hatte er eine plausible Erklärung: Auf einem zweiten Sportplatz in Jägersfreude fand ein anderes Hobby-Turnier statt (Kurz zuvor war auch Lemmi dort gelandet: "Wer sinn ihr?" - "Bolzwies" - "Holzwies? Spillt hier nitt."). Tucker aber berichtete, als er mit halbstündiger Verspätung ankam: "Ich hoot mich schonn umgezoo, ey! Doch, echt! Do honn so grüne gespillt, do honn ich gemennt, das wäre ihr!"

Inzwischen hatte ich mich damit abgefunden, daß Holger mitspielte, denn außer seinem seltenen Erscheinen auf der Bolzwies sprach ja wirklich nichts gegen ihn. Doch mit dem Spielen war zunächst nichts. Der erste Gegner, der "Klimperkasten", war nicht angetreten, und so hatten wir mal wieder ein Spiel weniger. Die Wartezeit vertrieben wir uns mit Kartenspielen und Torschußtraining, um halb eins ging es dann endlich los, und zwar gegen die DJK Freizeitruppe. Völlig zufrieden war ich in diesem Spiel nur mit Tucker, denn er war der einzige, der sich auswechseln ließ, und so kam Holger nicht mal in den Genuß eines Ballkontaktes. Später stellte sich heraus, daß Ihlee wohl nur einen Chauffeur gebraucht hatte, der ihn nach Hause zum Haareschneiden bringen sollte. Doch zurück zum Spiel: Nach fünf Minuten, die relativ hühnerhaufenmäßig zugingen, brachte Ihlee eine seiner gefürchteten Ecken herein. Jens war zur Stelle und erzielte mit einem Kopfball das Führungstor. Von da an lief es besser, Kontern war angesagt. Und noch zweimal rappelte es: Einmal nach Steilpaß Hödde, Flankenlauf Lemmi, flache Hereingabe, Abstauben Hödde und einmal nach Paß Ihlee, Übersteiger und Torschuß Paulus. Da von insgesamt zwölf Mannschaften zehn in die Zwischenrunde kamen, waren wir nur noch theoretisch gefährdet. Trotzdem wurmte mich, daß in der ersten Halbzeit des zweiten Spiels nur Larifari (oder auf saarländisch: Sawitschewmäßig) gespielt wurde. Davon profitierte die Mannschaft, die unter dem Namen "Mir hann kän Name" für die nicht angetretene Truppe mit dem gleichen Namen eingesprungen war (Alles klar?). 0:2 lagen wir zur Halbzeit zurück, kämpften im zweiten Abschnitt aber nochmal, und Paulus gelang nach gekonntem Slalomlauf der Anschlußtreffer. Leider reichte es nicht mehr für den Ausgleich, aber das Minimalziel Zwischenrunde war erreicht.

Bis die anfing, vergingen wieder 2 Stunden, die die meisten im Mc Donalds verbrachten. In der Zwischenrunde hieß es: Vier Punkte müssen her. Den ersten davon fuhren wir gegen das Team vom Leipziger Platz ein, wo die Führung von Paulus (Vorlage Jens, 6.) kurz nach der Pause durch einen trockenen Schuß egalisiert wurde. Im zweiten Spiel gewannen wir verdient mit 2:0 gegen den FC Schwimmbad, die Flanke von Jens verlängerte Hödde (O-Ton: "Mit dem linken Ei") auf Paulus, und der vollendete zum 1:0, Jens selbst sorgte nach Lemmi-Paß für die Entscheidung. Nun reichte sowohl den Crazy-Boys wie auch uns ein Unentschieden, um das Halbfinale zu erreichen. Und obwohl wir klar besser waren, 1:0 durch einen Paulus-Abstauber nach kläglicher Abwehraktion führten, in der 12. Minute aber den Ausgleich hinnehmen mußten, riskierten wir in der Schlußphase nichts mehr.

Unter den vier besten waren wir damit, jetzt war noch die Frage, wie reichlich unsere Belohnung ausfallen würde, 50, 40, 10 oder 5 Liter Bier.

Das Halbfinale war hochklassig. Zweimal lagen wir zurück, zweimal konnten wir ausgleichen, und zwar Jens nach Ihlee-Ecke und Paulus nach Jens-Steilpaß. Und dann das Siebenmeterschießen. Als Torwart kannst du da nicht viel machen außer zu hoffen, daß du (nicht allzu schmerzhaft) angeschossen wirst. Nach 18 Schüssen hatte der gegnerische Torwart einmal mehr Glück, und wir waren draußen.

Jetzt ging es um nicht mehr viel im Spiel um Platz drei, und obwohl die Crazy-Boys in der ersten Halbzeit dreimal die Notbremse zogen (was nicht bestraft wurde), waren zunächst noch keine Tote zu befürchten. In der Pause aber (wir führten 1:0) gab einer von denen die Losung aus: "Jetzt spielen wir aber mal ein bißchen aggressiver", was wohl einige (vor allem die Nummer neun) als Lizenz zum Töten auffaßten. Dieser brachte nämlich gleich mal einen Heiko-Lässig-Griff in Tuckers Familienplanung ein, und als ich mich kurz darauf beim Schiedsrichter beschwerte, daß wieder mal ein brutales Foul ohne Platzverweis geduldet wurde (einer ließ Hödde über die Klinge springen), blökte er ziemlich schafsmäßig in der Gegend rum. Ein anderer, der seiner Stimme nach Eunuch sein mußte, meinte, wir sollten uns nicht so dranstellen und bekräftigte das mit einem Tritt gegen Jens.

Der Ausgleich fiel nach Foul an Tucker, der Protest von Jens beeindruckte weniger den Schiedsrichter als die Gegenspieler, von denen sich einer zu einer Ohrfeige hinreißen ließ und endlich zum Duschen gehen durfte.

Trotzdem gingen die anderen in Führung. Wir hatten nur noch fünf Minuten, und außerdem mußte ich befürchten, daß sich einige von uns zu einem Revanchefoul hinreißen lassen würden. Aber Tucker, Hödde und vor allem Jens, die viel einstecken mußten, blieben besonnen und Lemmi sorgte nach Ihlee-Ecke für die sportliche Antwort. Eine Minute vor Schluß konnte Jens in allerletzter Sekunde vor dem Neuner klären, und man sah diesem richtig den Ärger darüber an, daß er Jens. Standbein verfehlt hatte.

Nachdem wir vorher darüber nachgedacht hatten, einfach vom Platz zu gehen, hatten wir uns dann doch entschieden, das nicht zu tun, weil wir den anderen den Sieg einfach nicht gönnten. Unsere Wut legten wir dann ins Siebenmeterschießen, aus dem wir dann als 4:2-Sieger hervorgingen. Mit "Genugtuung" fand Herr Lehmann das richtige Wort für unsere Stimmungslage in diesem Moment.

Bei der Siegerehrung staubten wir einen Fußball und zehn Liter Bier ab. Fünf davon wurden noch am gleichen Abend von Tucker, Hödde, Scherrer, Jens und mir zunichte gemacht, die restlichen blieben auch nicht mehr lang im Faß.

Bolzwies-Echo 4/93,   24.8.1993,   Artikel 3 von 8   zurück    weiter    Inhalt