Bolzwies-Echo 2/95, 7.7.1995, Artikel 4 von 12 zurück weiter Inhalt
Bericht über das Großfeldturnier von Blau-Weiß Überherrn am 3.6.1995 in Überherrn. Von Andreas (heute mal wieder Philosopharno) Kläser.
Am Donnerstag morgen waren für unser erstes Großfeld-Turnier acht Spieler klar: Arno, Balou, Fronk, Ihléé, Flemming, Lemmi, Beate und Giga. Ein kleines Fragezeichen stand hinter Schdolle, der noch an einer Leistenzerrung und an einer Entzündung am Knie laborierte. Sehr fraglich war der Einsatz von Hödde, der sich am Sonntag zuvor eine Verletzung im Knöchelbereich des rechten Fußes zugezogen hatte. Von den Spielern, die noch Trikots besitzen, waren Ewaldo, Johnny und Vochel noch nicht informiert, und auf keinen Fall mitwirken konnten Heiner, Matz und Scherrer. Nach einer erneuten Begutachtung des Fußes von Hödde fiel der nächste Spieler aus, und auch von Vochel erhielten wir einen negativen Bescheid. Ewaldo konnte ich zunächst nicht erreichen, und Johnny sollte nur im äußersten Notfall eingesetzt werden, weil er körperlich auf dem großen Platz einfach nicht mithalten kann. Wenigstens konnte Schdolle für das Vormittags-Spiel zusagen, und nach einem erfolgreichen Anruf bei Volker Kuhn waren wir am Freitag abend immerhin schon zehn. Der elfte Mann war Ewaldo, den ich am Samstag morgen aus dem Trainingslager der FV08- Jugend entführen mußte, und mit dieser Besatzung ging es dann nach Überherrn.
Weil Flemming sich in Überherrn auskennt, wurde er als Kolonnenführer bestimmt, und die anderen drei Autos, deren Fahrer Flemming blind vertrauten, folgten ihm. In Völklingen, kurz hinter dem RGV passierte es dann: Die Ampel schaltete auf gelb, Flemming fuhr durch, Arno schaffte es noch bei dunkelgelb, aber Schdolle und Lemmi mußten warten. Paulus schien das aber nicht zu bemerken, denn er fuhr unbeirrt weiter. Auch wilde Handzeichen und ebenso wildes Hupen aus dem Arnomobil konnten ihn nicht zum Anhalten, sondern nur zum Zurückhupen bewegen. Als die beiden führenden Autos hinter der Apotheke Landmann links abgebogen waren, machte Arno einen letzten verzweifelten Versuch, den vor ihm fahrenden Fiesta zum Anhalten zu bringen, indem er selbst unter "stetzigem" Hupen, Winken und Blinken rechts ran fuhr. Doch Paulus dachte gar nicht daran, in den Rückspiegel zu sehen, sondern fuhr einfach weiter auf die Autobahn. Arno mußte derweil mitansehen, wie 100 Meter hinter ihm Schdolle und Lemmi rechts statt links abbogen. Irgendwann trennten sich dann auch noch diese beiden Autos, und die Kolonnenfahrt war damit beendet. Paulus bemerkte irgendwo auf der Autobahn, daß da was nicht stimmte, fuhr auf den Standstreifen und wartete eine Zeit lang, aber die anderen drei hatten schon längst jeder einen anderen der sechs Wege nach Überherrn gewählt. Irgendwo in Wehrden kamen sich Arno und Schdolle sogar entgegen, aber am Ende - O Wunder - waren alle doch noch rechtzeitig da.
Auf dem Platz sahen wir dann unsere Gegner, den HFM Hülzweiler, und man erkannte sofort, daß die voll im Training waren. Da war kein Bierbauch zu sehen, alle waren athletisch und in dem Alter, das man so im allgemeinen hat, wenn man aktiv in einer Mannschaft spielt. Da waren wir mit einem Aktiven, sechs Ex-Jugendspielern, einem Noch-Jugendspieler und drei reinen Straßenfußballern ganz bestimmt nicht die Favoriten. Aber von einer klaren Überlegenheit der anderen konnte man nicht sprechen. Zwar hatten sie mehr Ballkontakte, waren auch des öfteren einen Tick schneller, aber wir hielten gut mit. Die Abwehr um Schdolle, Beate, Ewaldo und Fronk stand gut, war nur einmal nicht im Bilde, als ein Ball, der meiner Meinung nach die Torauslinie schon überschritten hatte, hereingeflankt wurde, der Schiedsrichter aber nicht pfiff, ein Stürmer unbedrängt zum Kopfball hochsteigen und zum 1:0 einnicken konnte. In der zweiten Halbzeit gaben wir dann nochmal alles, und Flemming gelang schließlich der verdiente Ausgleich. In diesem Augenblick mußte Ewaldo aufgeben, denn er hatte in der ersten Halbzeit schon einen Tritt ans Schienbein bekommen, und als er dann an genau derselben Stelle noch einmal getroffen wurde, mußte er sich auswechseln lassen. Für ihn kam niemand, denn wir hatten ja leider keinen Auswechselspieler. Die numerische Überlegenheit wurde auch prompt von den Gegnern zum 2:1 genutzt, aus stark abseitsverdächtiger Position konnte ein Gegner den Ball einschieben. Der Rettungsversuch von Schdolle kam zu spät. Das war es dann, eine unglückliche Niederlage gegen einen im Endeffekt doch besseren Gegner, die uns aber für das zweite Spiel noch alle Möglichkeiten offenließ.
Aber wer sollte spielen? Schdolle mußte zum Spiel der zweiten Mannschaft von Köllerbach nach Perl-Besch fahren, Ewaldo mußte zurück ins Trainingslager. Und die Eisbären, von denen Tucker und Henner uns noch hätten aushelfen können, hatten ein Turnier in Eisen. Wir mußten also auf ein frühes Ausscheiden der Eisbären hoffen. Aber Tucker rief nicht - wie vereinbart - an. Es war mittlerweile schon halb vier, und um vier Uhr mußten wir wieder los nach Überherrn. Also telefonierten wir noch in der Gegend rum, Volker probierte es bei Oliver Götze, aber dort nahm keiner den Telefonhörer ab. Auch Mike Biehl, Jörg Hoffmann, Roman Netzer und Andreas Kirsch konnten uns nicht aushelfen. Mehr aus Verzweiflung fuhren wir dann noch zu Martin Backes und klingelten dort, obwohl Tuckers Auto nicht dastand. Und da waren sie dann doch da, die Eisbären: Sie waren erwartungsgemäß ausgeschieden, aber Tucker hatte nicht angerufen, sondern war direkt nach Überherrn gefahren. Henner war noch da, und der wurde gleich in ein Auto verfrachtet und mit nach Überherrn geschleppt. Irgendwann kam auch noch Oliver Götze dort an, denn den hatte Volker doch noch aufgetrieben. So waren wir dann zwölf Mann für das Spiel gegen die Looser Bisten. Auch das eine Mannschaft, in der viele Aktive mitzuwirken schienen. Ein Sieg hätte zum Einzug ins Viertelfinale gereicht, bei einem Unentschieden hätte es Elfmeterschießen gegeben. Aber die Loser waren wir. Jedenfalls spielten die anderen mit uns Katz und Maus, die 3:0-Niederlage war noch sehr schmeichelhaft für uns. Außer Oliver Götze blieb wohl so ziemlich jeder hinter den Erwartungen zurück. Auf Einzelkritik möchte ich hier - auch zum Zwecke des Selbstschutzes - verzichten. Obwohl das Spiel früh entschieden war, versuchten wir bis zum Schluß, dagegenzuhalten, aber es lief einfach nichts zusammen. So wie an diesem Tag hatten wir wohl noch nie unsere Grenzen aufgezeigt bekommen.
Aber was soll's? Wir müssen nicht unbedingt jedes Turnier gewinnen. Das Siegen allein macht nicht glücklich. Es kann auch schön sein, bei Sonnenschein auf einer grünen Wiese zu versuchen, ein rundes Stück Leder mit den Füßen in genau die Richtung zu befördern, in die man es haben will. Und auch wenn das nicht gelingt, lustig ist es trotzdem: Wenn ein langer Blonder mit der Nummer 18 lieber dem langen Dunkelhaarigen mit der Nummer 5 den Ball durch die Beine schießt, anstatt ein Tor zu erzielen, wenn derselbe lange Blonde immer mit seinen Borussia-Gesängen nervt, wenn ein kleiner Italiener aus zwei Metern am leeren Tor vorbeischießt, wenn ein Abwehrspieler mit brasilianisch klingendem Namen jeden eigenen Fehler und jedes herrlich herausgespielte Tor des Gegners als Glück bezeichnet, wenn ein Spieler mit langen Haaren mal wieder einen Fallrückzieher nicht getroffen hat und sein ebensolanghaariger Bruder daran schuld sein soll, wenn ein Neuzugang des letzten Sommers eine Fango-Packung zum Schutz gegen die Mücken auflegt, wenn ein Mittelfeldspieler mit Schraubschdollen sich über das Nichtvorhandensein jeglichen taktischen Verständnisses aufregt, wenn der Torwart mit der wenigen Technik mal wieder einen Abstoß über die Bäume schießt, und in vielen anderen Situationen, wie sie immer wieder auf unserer "einzigen und wahren" Bolzwies vorkommen, dann werden natürlich die Bolzwies-üblichen Scherze darüber gemacht, aber bös gemeint ist das nie, sondern es hebt den Heiterkeitsgrad. Wenn dann sogar derjenige mitlacht, dem das Mißgeschick passiert ist, dann entsteht ein Zusammengehörigkeitsgefühl, das mehr wert ist als so ein Blechpokal oder auch fünf blaue Stücke Papier mit einer 1 und zwei Nullen drauf.