Bolzwies-Echo 4/96, 20.11.1996, Artikel 3 von 8 zurück weiter Inhalt
Bericht von der Fahrt des FC Bolzwies zum Oktoberfest München am 5./6.10.1996. Von Andreas Kläser
Der Tour-Wochenenden zweiter Teil stand am 5./6.10. an, und das Ziel hatte den klangvollen Namen "Oktoberfest München"
Viele von uns waren noch nie dort, und waren daher gespannt darauf, wie es denn da so sein würde.Im Vorfeld galt es allerdings zunächst einmal, die vielen verschiedenen Vorstellungen unter einen Hut zu bekommen: Die einen wollten samstags direkt wieder heimfahren, die anderen im Auto übernachten, einige früh zu Hause sein, andere nicht hetzen, einige das Fußballspiel unbedingt sehen, andere nicht, und die Fahrt drohte ins Wasser zu fallen, und sie wäre es auch, wenn wir uns nicht am Montag nach dem Janssen's-Spiel an einen Tisch gesetzt und die Fahrt endlich besprochen hätten
Heraus kam folgender Plan: Bisher hatten 9 Leute zugesagt: Lemmi würde einen Bus mieten, in dem er selbst, Arno, Balou, Schdolle, Fronk und Heiner nach München fahren, übernachten und sonntags mittags wieder zurückreisen würden, während Marc, Freundin Sandra und Giga in Marc's Auto mit uns an-, aber samstags abends direkt wieder abreisen sollten - vorausgesetzt, Thorsten Ihl würde es nicht doch noch gelingen, einen weiteren, beheizten Bus von seinem Kusseng zu organisieren. Darüberhinaus wollten wir uns noch zum Zwecke der Kostensenkung um weitere Mitfahrer in unserem Bus bemühen (Ewald, Tucker, Haddung), von denen aber nur letzterer letztendlich die Zusage erteilte und mitfuhr
So ging es dann am Samstag morgen in aller Frühe los: Lemmi traf pünktlich um 3:30 Uhr mit seinem Bus bei uns ein, Schdolle, Haddung, Fronk, Balou, Heiner und ich stiegen zu. Wir fuhren dann zu Marc, der ja mit dem Auto hinterherreisen wollte, verabredeten einen Treffpunkt am ersten Rastplatz hinter Stuttgart, lieferten eine - im Nachhinein jetzt wohl leider unnötige Post - im Auftrage von Haddung aus, und ab ging es auf die Autobahn.Es war noch dunkel, die Straßen hier und da noch naß von einem nächtlichen Regenguß, und der Bolzwies-Treck bahnte sich seinen Weg über die A620 in R ichtung Freistaat Bayern, sicher geführt vom nimmermüden Lemmi Lehmann.
Auf der Fahrt machten wir (oder besser: die meisten von uns) noch ein kurzes Nickerchen (glücklicherweise ohne dabei Bäume oder Wälder zu fällen), nahmen diverse Getränke zu uns - nicht ausschließlich alkoholische -, plauderten ein wenig über dies und das, lauschten der Musik, die aus dem schon etwas veralteten Bordradio über die Lautsprecher an den Innenseiten der Vordertüren des Busses von Lemmi´s Flughafenzubringerdienst an unsere Ohren drang und sogen die stille, gemütliche, friedliche Stimmung in uns auf
Am Autobahnkreuz Neunkirchen dann trennten sich unsere Wege: Wir wechselten auf die A8 Richtung Pirmasens, um den kürzeren Weg über Landau zu nehmen, während Marc es vorzog, den längeren aber schnelleren Weg (weil Autobahn) über die A6 zu nehmen.Zwischen 7 und halb 8 gelangten wir dann zum ersten Rastplatz hinter Stuttgart, wo wir - wie verabredet - Marc treffen wollten. Aber er war noch nicht da, obwohl er eigentlich den schnelleren Wagen hatte. Wir warteten also noch etwas an der Raststätte, indem wir mal die Örtlichkeiten aufsuchten, Stauinformationen abfragten und zusahen, wie Leute an diesem Kirmesspielzeug, wo man mit einem Greifarm Stofffiguren angeln muß, herumwerkelten. Einmal kam eine Polin, spielte einmal, verlor jedoch, ging dann kurz weg, kam wieder und versuchte es noch einmal. Das wurde dann von uns eindeutig analysiert mit "Klar, die mußte jetzt zuerst noch etwas Geld klauen" (An dieser Stelle möchte ich noch einmal in aller Deutlichkeit sagen, daß ich nichts und rein gar nichts gegen Polen habe, obwohl ich gelegentlich Polenwitze erzähle. Dann müßte ich ja auch was gegen Blondinen bzw. Frauen haben, aber das würde mir ja eh keiner abnehmen.)
Nun ja, mit solchen Kalauern vertreibt man sich halt die Wartezeit, die in diesem Falle aber vergeblich war, denn Marc kam nicht. Später stellte sich dann heraus, daß Marc auf einem ganz anderen Rastplatz gewartet hatte, nämlich dem ersten Rastplatz hinter Stuttgart-Mitte, also Stuttgart-Ost.Wir machten nun einen Fahrerwechsel, Heiner ging ans Steuer, während Lemmi sich eine Erholungspause gönnte. Und ich muß sagen, damit waren wir alle gleich hellwach, denn Heiners Fahrkünste - zumindest auf den ersten paar hundert Metern - ließen bei einigen den Puls in doch schwindelerregende Höhen steigen. Aber anscheinend wollte er uns nur kurz einen Vorgeschmack auf die Oktoberfest-Achterbahn gewähren, in der Folgezeit meinten wir zu fühlen, daß sich unsere Entfernung zu Abrahams Schoß wieder allmählich verringerte
Wir reisten dann ohne weiteren Zwischenstop in die Bierstadt München und gelangten - ohne uns auch nur einmal verfahren zu haben - noch vor 10 Uhr zum Parkplatz am Olympiapark, unweit des Stadions, in dem am Nachmittag das Spiel Bayern gegen HSV stattfinden sollte. Daß "Auf dem Parkplatz stehen" nicht unbedingt gleichbedeutend ist mit "In der Parklücke stehen" brachte uns dann Heiner in aller Deutlichkeit nahe, der nach dem 18. Rangierversuch - genervt von Bei- und Mitfahrer's Dirigierhilfen - das Einparken aufgab und Lemmi für die letzten 50 cm das Ruder wieder überließ. Als dieser beim ersten Mal auch scheiterte, war das Gelächter natürlich groß, doch im 2. Versuch schaffte es unser Langer dann, den Bus ohne Blechschaden in die Lücke zu setzen. Nicht ganz rechtwinklig zur Straße zwar, aber so viel wollten wir am Anfang dann doch nicht verlangen. Ein paar Mixerys als Willkommens- trunk, und dann ging es los zum Stadion, wo wir Karten kaufen wollten. Das heißt: Balou hatte seine Karte schon zusammen mit Marc, Sandra und Giga bestellt, während die anderen sich auf dem Schwarzmarkt umsehen und bei einigermaßen angemessenem Preis zuschlagen wollten. Was für ihn angemessen war, mußte natürlich jeder für sich selbst entscheiden, 80 DM, die zu Beginn für eine Karte v erlangt wurden, waren es nicht.Später dann trafen wir noch einen Händler, der mit Jugendkarten handelte und 50 DM pro Stück haben wollte. Vermutlich aus Angst vor der Polizei hatte er die Karten nicht bei sich, sondern im Parkhaus. Heiner begleitete ihn dorthin, und wir hofften alle, daß sie auch möglichst bald wieder kommen würden. Aber alle unsere Sorgen waren umsonst, alsbald erschienen die beiden wieder mit einer Handvoll Karten, Schdolle, Lemmi, Heiner, Fronk und Haddung griffen zu, während meine Preisobergrenze immer noch überschritten war. Da ich nicht gerade ein überaus großer Fan der beiden am Spiel beteiligten Mannschaften bin, fiel es mir auch nicht sonderlich schwer, die Karte nicht zu kaufen
Um aber nicht ganz kartenlos zu sein (meine Spielkarten hatte ich im Bus, die Landkarte zu Hause), kaufte ich mir dann am Automaten eine Fahrkarte für die U-Bahn. Die anderen fuhren schwarz, hatten aber Glück, denn es wurde nicht kontrolliert. Gerüchten zufolge hätte aber auch die Eintrittskarte als Fahrkarte gezählt.Wir fuhren dann in die Stadt, stiegen am Marienplatz aus, warfen einen flüchtigen Blick auf Marienkirche und Rathaus und starteten einen Einkaufsbummel. Verschiedene Sportgeschäfte waren das Hauptziel, ehe wir uns dann entschieden, was zu essen, und zwar im Pizza-Hut. Der war zwar gerammelt voll, aber wir bekamen dennoch nach kurzer Wartezeit einen Platz und aßen zu mittag. Schdolle versuchte sich an einer Pizza Familie inclusive 4 Knoblauch-Käse-Toast, vermutlich plante er, danach eine Woche zu fasten, aber er packte es nicht, und wir mußten ihm dann helfen
Letztes Ziel der Städte-Tour war dann der "Sport-Bock", ein Paradies für jeden Fußball-Fan: Mützen, Schals, Trikots, Fahnen, Wimpel, Handtücher, Slips, Socken, Jacken, T-Shirts aus aller Herren Länder und aller Frauen Vereine. Klar, daß da kaum jemand widerstehen konnte.Wir mieteten dann einen Lastwagen, um die gekauften Trikots zu unserem Bus fahren zu können und - nein, natürlich stiegen wir in die nächste U-Bahn - nein auch nicht, wir gingen zum nächsten U-Bahn-Hof und stiegen in die fünftnächste U-Bahn zum Olympiapark, denn die vier davor waren so voll, daß nicht einmal mehr Günther Strack reingepaßt hätte.Wir waren rechtzeitig am Stadion, gingen noch kurz zum Bus und dann Richtung Eingang, wo sich die Frage klären sollte: Kommen die fünf Schwarzmarktkäufer rein, oder sind sie einem Betrüger aufgesessen? Die Karten nämlich, die sie hatten, das waren ja eigentlich Jugendkarten gewesen, Karten zum halben Preis also. Aber das es auch Karten halber Größe - oder besser gesagt: Karten, die in der Mitte einfach abgeschnitten wurden, waren, das hatte von uns noch keiner erlebt, und so mußten die fünf Inhaber noch einige bange Minuten überstehen, bis sie an der Kontrolle vorbei und auf sicherem Boden, sprich: im Olympiastadion waren
Hier trennten sich unsere Wege zunächst, denn Balou ging Richtung Haupttribüne, wo er Marc, Giga und Sandra traf, die fünf anderen gingen zur Kurve, in der ihre Plätze lagen, während ich mich noch ein bis zwei Stündchen im Bus aufs Ohr legte und der Radioübertragung lauschte.Augenzeugenberichten zufolge, muß das Spiel ganz gut gewesen sein, der HSV habe sogar Vorteile gehabt, am Schluß aber mit 1:2 verloren
Kurz nach halb sechs waren wir dann endlich alle vereint, und wir erfuhren auch, wo Marc die ganze Zeit gesteckt hatte: Nachdem wir uns ja hinter Stuttgart nicht getroffen hatten, ist er weiter nach München gefahren, hat aber dort keinen Parkplatz gefunden und hat mit seinem Auto eine 3 1/2 -Stündige (!) Rundfahrt durch die Stadt einschließlich Unterhaching gemacht. Das erinnerte mich so ein ganz klein wenig an die Tour Leverkusen - Wiesbaden - Saarbrücken, bei der ja auch mehr als die Hälfte der zurückgelegten Kilometer unnötig waren.wir warteten dann noch ein wenig, bis die Menschenmassen weggeströmt waren und setzten uns dann in die U-Bahn zum Oktoberfest
Es goß in Strömen, als wir dort ankamen, aber was sollten wir machen? Wir tappten also umher und sahen uns das Ganze mal an. Ich weiß nicht, wie ich es mir eigentlich vorgestellt hatte, aber irgendwie war ich enttäuscht. Ich dachte nur: Das ist ja nix anderes wie eine Kirmes, nur ein bißchen größer. Ein paar Karussells, Imbißbuden, Jahrmarktstände und Wurfbuden. Das hätte ich in Püttlingen auch haben können. Der Unterschied war, daß es neben den paar Karussells auch noch richtige Achterbahnen gab, und eben die berühmt-berüchtigten Bierzelte, in die wir zwar reinkamen, wo wir aber wegen des großen Andranges keinen Sitzplatz finden konnten. Im Stehen durfte man aber nichts bestellen, und daher hat von uns keiner auch nur einen einzigen Schluck aus einer Maß genommen. Die berühmte Bierzelt-Stimmung konnte uns so auch nicht ergreifen, denn auch wenn's bei der Schützenliesel dreimal kracht, ohne Alk sind solche Lieder nicht längerfristig zu ertragen. Und wenn man dann nüchtern über so ein Fest tappt und mitansieht, was dieses Gesöff aus einigen - bestimmt intelligenten, würdevollen und anständigen Menschen macht, dann muß einem schon Angst und bange werden
Auch der echte Schweinskopf, der vor einem Zelt in seiner Sülze lag, und der sich mit allen Zähnen gegen die Vereinnahmung durch Heiner wehrte, brachte nur kurze Aufheiterung.Was blieb, waren Riesenrad und Achterbahn, die sich eindeutig lohnten, auf die sich aber nicht alle drauf trauten, und vermutlich aufgrund eines Mißverständnisses war unsere Zehner-Gruppe nun zu einer Sechser- und einer Vierer-Gruppe geworden. So tappten wir dann weiter durch den Regen, versuchten hier und da noch, eine Maß zu ergattern, jedoch erhielten wir weder volle (weil kein Sitzplatz) noch leere (weil man die nicht einfach aus dem Bierzelt mitnehmen darf)
Unterwegs fanden wir dann doch noch einige Krüge, die irgend jemand wohl schon hatte mitgehen und dann draußen stehen lassen, und wir dachten, bevor noch jemand dagegentritt und sie kaputtmacht, nehmen wir sie mit nach Hause, waschen sie mal gründlich und stellen sie zu unseren Pokalen ins Clubheim. Um elf trafen wir uns dann wieder an der U-Bahn, die meisten fuhren direkt zum Bus bzw. heim, während Heiner, Lemmi und ich noch irgendwo hin wollten, wo was los war, denn wenn schon einmal in München, dann wollten wir auch was sehen. Aber weder in den Zelten noch in der Stadt (Matthäser-Keller) war noch was los, außer in einer Disco, in der die "Faulen Säue" spielten, oder was weiß ich wie die Gruppe hieß, und Heiner und Lemmi fuhren noch dorthin, was bedeutete, daß sie die letzte U-Bahn nicht mehr erwischen und auf die erste am nächsten Morgen warten mußten. Ich persönlich verbinde mit einem solchen Erlebnis Erinnerungen an eine andere Stadt, an eine andere Person, an vergangene, glückliche Zeiten, doch das ist eine andere Geschichte und soll ein andermal erzählt werden
Diesmal jedenfalls wollte ich lieber in einem warmen Bus in einem warmen und noch relativ weichen Schlafsack übernachten, auch wenn es dort Leute gab, die Holzfäller oder Sylvester spielten (d.h. Bäume umsägten oder Raketen steigen ließen).Nichtsdestotrotz wachten wir alle am nächsten Morgen einigermaßen erholt auf - bis auf Haddung, der - obwohl er nicht auf dem Boden, sondern auf der weichen Bank gelegen hatte - meinte, schlecht geschlafen zu haben, vermutlich weil der Bus nicht gerade gestanden habe.
Wir gingen der Sache auf den Grund und fanden unter dem linken Vorderrad ein kleines Steinchen und machten darin die Ursache für Haddung's Horror-Nacht aus. Damit hatte er seinen Spitznamen "Haddung auf der Erbse" weg.Groß was anzustellen, hatten wir alle keinen Bock mehr, und daher traten wir umgehend die Heimfahrt an, das heißt: Erst, nachdem wir im Mc Donalds gefrühstückt hatten.Auf der Heimfahrt fuhr dann Schdolle, und das auch nicht gerade schlecht
Kurz vor Karlsruhe fiel mir dann ein, daß der FCK ja nachmittags ein Heimspiel hatte, und daß wir es gerade noch rechtzeitig auf den Betze schaffen würden, und ich bat Schdolle darum, doch den kleinen Umweg für mich zu fahren, und dieser willigte ein. Wer jetzt mit ins Stadion gehen würde, stand noch nicht fest, als wir auf einmal vor uns Warnblinklichter sahen, welche einem erfahrenen Autofahrer sofort signalisieren: Stau!........................... So ein Stau kann kurz sein, muß es aber nicht. Dieser war es nicht. Wir standen insgesamt ca. 90 Minuten im Stau, die Wartezeit verbrachten wir mit Bolzen auf dem Standstreifen, malten uns Geschichten vom Besuch des Betzenbergs aus und sangen alte Volksweisen wie "You don't fool me". Das FCK-Spiel sahen wir natürlich nicht mehr, und so fuhren wir dann durch nach Püttlingen, tranken im Faß noch einen "Wieder-daheim-Trunk", und am 8. Oktober 1996 um 17:55 Uhr war das Untenehmen Oktoberfest beendet...... Fazit: Wir haben zwar keine Maß getrunken, das Wetter war beschissen, von einer wilden Nacht kann auch nicht die Rede sein, aber wir haben viel zusammen unternommen und gelacht, und vielleicht hat diese Fahrt ja ein klein wenig zur Stärkung der Gemeinschaft beigetragen, und damit hätte sie sich auf alle Fälle gelohnt.